Sing ein Lied, dann lacht der Sonnenschein

Text/Fotos: Doris Hein 01.04.2025 (erschienen in Südthüringen.de)

„Für Frauen ist das kein Problem“, behauptete am Wochenende der Frauenchor Judenbach, der beim Heimspiel im Kultursaal 100 sein Publikum „mit links“ eroberte.

Nebel und Nieselregen vor der Tür zum Kultursaal 100 waren schnell vergessen, nachdem die Besucher am Sonntagnachmittag den frühlingsfrisch geschmückten Saal betreten hatten. Bereits zum 21. Mal hatte der Frauenchor Judenbach zum Frühlingssingen eingeladen, und Musikfreunde aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus waren seinem Ruf gefolgt.

So auch Föritztals Bürgermeisterin Silke Fischer, die dem Chor einen Zuschuss fürs Vereinskonto mitgebracht hatte und nach der Begrüßung vorrangig auf der Bühne zu finden war, wo sie als Chormitglied ihren Beitrag zur Bereicherung des kulturellen Lebens in Judenbach leistete – so wie reichlich dreißig weitere Sängerinnen, die aktuell zum Frauenchor gehören.

Annette Walther führte in charmanter Weise mit passenden Gedichten, Geschichten und Sprüchen durchs Programm. Dabei konnte sie gleich drei neue Mitglieder begrüßen: Gabi Engelbrecht und Yanina Shvabouskaya verstärken künftig das Team der Sängerinnen, Dr. Manfred Baum reiht sich nun auch offiziell bei den Unterstützern des Frauenchores ein. Die drei Sängerinnen Carolin Ehspanner, Regina Metzler und Gabi Krannich durften sich über Urkunden und Blumen anlässlich ihrer zehnjährigen aktiven Mitgliedschaft im Judenbacher Frauenchor freuen.

Am gelungenen Auftakt des Programms hatte auch das Publikum seinen Anteil. Den Kanon „Es tönen die Lieder, der Frühling kehrt wieder“ durften die Gäste nämlich gleich mitsingen, was unter der Regie der erfahrenen Chorleiterin Barbara Zach kein Problem war. Überhaupt war im Laufe des Nachmittags Mitsingen durchaus erlaubt und erwünscht. Allerdings beschränkten sich die Besucher nach dem Kanon dann doch lieber aufs Zuhören und Applaudieren. Zu eindrucksvoll waren die musikalischen Darbietungen der Könner auf der Bühne mit ihren glockenhellen Stimmen und ihrem lupenreinen Gesang, als dass man sie mit laienhaften Tönen hätte begleiten mögen.

Die harmonischen Klänge waren jedoch keineswegs nur dem Talent der Sängerinnen geschuldet, sondern ebenso der Chorleiterin, die eindeutig „alles im Griff hatte“ und alle Stimmen zu einem beeindruckenden Ganzen vereinte. Meist reichte ein Wink mit der Hand, um bei den mehrstimmigen Chorsätzen den Einsatz nicht zu verpassen oder vom leisen, getragenen Liedteil zum Crescendo zu wechseln. Was bei den Akteuren auf der Bühne fürs Publikum so leicht und locker erschien, erfordert allerdings regelmäßige fleißige Probenarbeit. Und so hatten sich die Sängerinnen den Applaus für ihren Auftritt redlich verdient.

Der Frühling, der sich draußen noch gut versteckt hatte, war drinnen bald in die Herzen von Sängern und Zuhörern eingekehrt. Wie vielfältig man ihn besingen kann, bewies der Chor unter anderem mit der Behauptung „Der Winter ist vergangen“, einem alten Reigenlied zur „Maienfahrt“ oder einem Lobgesang auf „Saatengrün und Veilchenduft“.

In den vergangenen Wochen und Monaten haben die Judenbacher Sängerinnen allerdings nicht nur für den traditionellen „Frühling in Judenbach“ geprobt, sondern auch für ihren nächsten internationalen Auftritt. Denn sie haben sich auch heuer wieder zum Alta Pusteria Chorfestival in Südtirol angemeldet. Mitte Juni wollen sie dort bei einer weltweit einzigartigen Chorveranstaltung zum wiederholten Mal mit ihren Liedern als Vertreter des Landkreises Sonneberg einen bleibenden guten Eindruck hinterlassen. Das Publikum im Kultursaal 100 konnte am Sonntag schon „hineinhören“ in einige Lieder, die der Chor für dieses Festival neu einstudiert hat.

Die Chorsätze der Ralph Siegel-Songs „Lass die Sonne in dein Herz“ und „Sing ein Lied, wenn du mal traurig bist“ kamen beim Publikum ebenso gut an wie „Shuffle time a capella“ oder der musikalische Ausflug ins Pariser Vergnügungsviertel Pigalle.

Leider hatten die Gastmusiker um Katrin Mann ihren Auftritt aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Dass die Zuhörer trotzdem ein rundum gelungenes, vielseitiges und unterhaltsames Programm erleben durften, dafür sorgten unter anderem zwei Vertreterinnen des Arbeitskreises Mundart Südthüringen. Lokalmatadorin Roswitha Hoffmann erntete viel Heiterkeit mit ihren Darbietungen. Hatte sie doch ihre Geschichte von der Knoblauch-Kur sowie den Ausflug in die Welt von „Bucklmuck“ und „Feuersechamez“ mitgebracht. Für Mundartunkundige: Eine wissenschaftliche Betrachtung über Höckerfliege und Feuerameise.

Beides war für die Besucher wieder einmal ein echter Angriff aufs Zwerchfell. Nicht nur wegen des Inhaltes der Geschichten, sondern besonders wegen Hoffmanns unnachahmlicher Vortragsweise.

Die gebürtige Steinacherin Regina Metzler ist längst zum Zungenschlag von Blechhammer übergewechselt und nutzte diesen für ein Lob auf den Frühling, eine Erörterung des Unterschiedes zwischen Männern und Frauen beim Autofahren, Erinnerungen an das Sandmännchen, an Vor- und Nachteile der Wehrpflicht und mehr.

Nicht fehlen dürfen bei einem Konzert des Judenbacher Frauenchores natürlich die Bebos, der kleine Ableger des Chores. Auch sie hatten neue Lieder im Gepäck – mit einer enormen Bandbreite von Joseph Haydns „Jahreszeiten“ über eine Anleihe bei Wilhelm Buschs gutem Tier, dem Klavier, bis hin zur gesungenen Ablehnung von Schokolade, mit der schon 1960 Trude Herr im Film „Marina“ Erfolge feierte.

Im letzten Block des Sonntagnachmittags sang der Chor schließlich „Schau nur, die Schwalben sind da“ und „Verliebt in eine Linde“ – lieb gewordene Lieder, ohne die eine solche Veranstaltung nicht komplett wäre. Mit dem „Frühlingswind“ sollten die Darbietungen eigentlich einen passenden Abschluss finden. Doch so schnell ließen die Gäste die Sängerinnen nicht von der Bühne. Und so erklang zunächst die Hymne, die beim Alta Pusteria-Festival wieder von allen beteiligten Chören gemeinsam vor eindrucksvoller Bergkulisse gesungen wird: „Signore delle cime“. Das Publikum lauschte ergriffen und bedankte sich mit tosendem Applaus. Dank ging auch an die fleißigen Kuchenbäckerinnen, die Teams an der Theke, am Einlass, bei der Technik und alle sonstigen Helfer. Mit dem Max Raabe-Hit „Für Frauen ist das kein Problem, so was machen sie mit links“ war dann aber wirklich alles gesagt oder besser gesungen…